für vier Schlagzeuger
Die Bilder und Skulpturen Joan Mirós (1893-1983) üben eine starke Faszination auf mich auf, die ich musikalisch reflektieren wollte. Das Lebenswerk dieses katalanischen Künstlers ist jedoch so fassetten- und umfangreich, dass eine musikalische Hommage nur eine akustische „Momentaufnahme“ sein kann. Für meine Komposition diente kein konkretes Bild als Vorlage, sondern eher der Personalstil des Malers und seine ästhetischen Positionen.
Es sind sehr verschiedene Bilder, die ich beim Arbeiten vor Augen hatte: Bilder mit skurril verklausulierten Szenen und stark assoziativen Zeichen, „poetische Traumbilder“, Bilder, die mit einer Fülle an Symbolen fast überladen wirken bis hin zu jenen, die mit stark begrenzten Mitteln, fast monochromer Farbigkeit gestaltet sind.
Und es ist auch die Persönlichkeit des Malers, die mich beeindruckt, seine Bescheidenheit, Ausdauer, Kraft, Unermüdlichkeit, auch der Wandel seiner Ansichten und seiner Arbeitsweise. Vieles, was leicht und improvisiert auf seinen Bildern wirkt, ist genau kalkuliert und in Skizzen vorgeplant. Aber die strenge Disziplin und Selbstbeherrschung, die sein Arbeiten immer auszeichnete, scheint im Spätwerk zu verschwinden: Die Kunst wird plötzlich radikal. Was vorher bis ins Detail konzipiert war, weicht nun einer ungezügelten Spontaneität. Miró schüttet Farbe aus Eimern über die Leinwand, malt mit Händen und Füßen und zündet sogar seine Leinwände an.
Das Feuer mit seiner zerstörerischen Kraft hinterlässt brutale Spuren an Farbe und Leinwand. Radikaler kann man einen Kunstanspruch nicht formulieren und so ist dieser symbolische Akt auch gemeint: Die Zerstörung des „schönen Scheins“. Gegen den etablierten Kunstkonsum richtet sich diese Ästhetik der „verbrannten Leinwand“. Mich fasziniert diese Heftigkeit, das Nonkonformistische eines Achtzigjährigen.
Hommage à Miró ist eine einsätzige Komposition. Ich habe fast ausschließlich Instrumente mit unbestimmten Tonhöhen verwendet, Stabspiele gar nicht, so dass nur Klangfarben und Rhythmen das Stück bestimmen.
Die Uraufführung fand 2005 durch das Leipziger Schlagzeugensemble statt.